Schießen mit Vorderladerwaffen,
romantische Erfüllung eines Kindheitstraums oder
doch mehr?

Der sportliche Leistungsdruck von „höher, schneller, weiter...“ ist in jeder modernen Sportart allgegenwärtig. Dies war vielleicht auch der Grund, warum in den „1970er“-Jahren eine Idee immer mehr Gestalt annahm. Das Schießen mit Vorderladerwaffen aus dem 19.Jahrhundert! Was mit einigen Individualisten begann, entwickelte sich sehr schnell zu einer großen Bewegung innerhalb des Sportschützenlagers. Der Trend wurde auch von der Industrie schnell erkannt und es wurden Nachbauten, sogenannte „Repliken“ von alten Vorderlader-Gewehren, -Pistolen und –Revolver zu erschwinglichen Preisen angeboten.  Das mit den Preisen ist Vergangenheit. Heute muss man für gute Match-Waffen richtig investieren. Die Qualität dieser Nachbauten hat mittlerweile einen Standard erreicht, der sich mit modernen Sportwaffen durchaus messen kann. Doch zurück zur Nostalgie... !
Das Hantieren mit Schwarzpulver, Leinenpflaster, Bleikugeln, Ladestock und der dichte Pulverdampf beim Schießen lässt schon einen Hauch von Geschichte durch den Schießstand wehen (den riecht man auch...). Wie alle „Oldtimer“ lassen sie das Herz höher schlagen und sind Zeugnisse hervorragender technischer und künstlerischer Fertigkeiten ihrer Zeit. Natürlich entwickelten sich neben dem Spaßfaktor auch „ernsthafte“ Disziplinen. Neben nationalen Wettbewerben (Kreis- bis zur Deutschen Meisterschaft) werden internationale Wettkämpfe Europa und Welt- Meisterschaften ausgetragen. Die Internationalen Erfolge für den "Deutschen Schützen Bunds"  sind enorm. Mit mehr als 700 Medaillen ist das Vorderladerschießen die erfolgreichste Sportart in Deutschland.

Manche denken, mit dem alten Zeug trifft man doch nicht die Scheibe! Das ist aber falsch, hochwertige Vorderladerwaffen sind präzise Scheibenwaffen! Nur ist es durch die Vielzahl der verwendeten Ladungskomponenten sehr viel schwieriger, die präziseste Kombination zu ermitteln. Hierauf wird nachfolgend noch detaillierter eingegangen.  Zunächst gehen wir auf einen geschichtlichen Exkurs und betrachten die Entwicklung der populärsten und „fortschrittlichsten“ Vorderlader bzw. deren Zündsysteme:  

Im frühen 16.Jahrhundert entstand das Steinschloss. Über Jahrtausende hatte der Mensch den Feuerstein auch verwandt, um aus ihm Funken zu schlagen um Feuer zu machen. Es verwundert daher, dass erst recht spät die Idee geboren wurde, diese Funken zur Zündung einer Feuerwaffe zu verwenden. Es war ein Spanier, der als erster einen Mechanismus entwickelte, bei der ein Feuerstein gegen eine stählerne Reibfläche geschlagen wird und so einen Funkenregen erzeugt. Der Siegeszug des Steinschlosses war nicht mehr aufzuhalten. Bis zur Mitte des 18.Jahrhunderts entstanden unzählige  Verbesserungen. Bis in das 20.Jahrhundert hinein waren Steinschlosswaffen in manchen Ländern Afrikas und Asiens im Einsatz. Aber auch das Steinschloss hat bei aller Perfektion einen ganz entscheidenden Nachteil: die Zeitdifferenz  zwischen der Erzeugung des Funkenregens und der Zündung zunächst der Zünd- und um etliche zehntel Sekunden verzögert, der Treibladung. Sie ermöglicht bei der Jagd reaktionsschnellem Wild zu entkommen und sie begünstigt auch Zielfehler durch Verwackeln.  

 

Es war ein Mann Gottes, der  Reverend Alexander Forsyth aus Schottland experimentierte mit dem 1799 von Edward C.Howard erfundenen ‚Fulminant’ (auf Schlag sich entzündende Chemikaliengemische) und erhielt 1807 das erste Patent auf ein Perkussionsschloss, bei dem das Zündmittel durch einen Schlag entflammt wird. In der Folgezeit entstanden – wie könnte es anders sein – zahlreiche Verbesserungen, die ihre Krönung faden in jenem Perkussionssystem, bei welchem die Zündmasse in den Boden eines Näpfchens gepresst und mit Lack versiegelt  wird – das Zündhütchen -, welches der Schütze über einen innen hohlen Dorn – das Piston – stülpt und durch den der Zündstrahl die Pulverladung erreichen kann.

 

 
Hatte es bereits in der Steinschlossära Versuche gegeben, die Schusszahl heraufzusetzen – meist, indem die jeweilige Waffe zusätzliche Läufe erhielt (‚Bündelrevolver’) -, so war mit der Erfindung des Perkussionssystems der Weg frei für Mehrlader. Einer – aber beileibe nicht der Einzige – ist Samuel Colt, dessen Name noch heute synonym für Revolver steht. 1836 erscheint mit dem ‚Colt Paterson’ der erste Revolver einer langen Linie. Er selber nannte seine Erfindung ‚revolving pistol’, da im Prinzip eine Pistole durch das Anbringen einer Trommel mehrschüssig gemacht wurde.
An dieser Stelle beenden wir unseren geschichtlichen Ausflug und kommen zurück zu dem, was uns eigentlich interessiert: das Schießen mit Vorderladerwaffen als sportliches Hobby!

Wie erwähnt, stellten die Perkussionswaffen die modernste und auch sicherste Entwicklungsstufe der Vorderlader dar. Das zeigt sich auch beim sportlichen Schießen mit Vorderladern. Hier trifft man fast ausschließlich auf Perkussions-Gewehre, -Pistolen und –Revolver.

Genug der Theorie, jetzt geht’s auf den Schießstand!

Laden und Schießen mit Perkussions - Pistole und - Gewehr:
 

Blick auf die Mündung...

einfüllen des Pulvers mittels Laderohr...

Der Ladevorgang bei Perkussions -Pistole und –Gewehr ist nahezu identisch, daher beschränken wir uns auf die Perkussions-Pistole: Wie der Name „Vorderlader“ schon ausdrückt, werden die gesamten Ladungskomponenten wie Schwarzpulver, gefettetes Pflaster und Rundkugel über die Mündung des Laufes eingebracht. Das Laufende ist mit der sogenannten Schwanzschraube fest verschlossen. Zuerst wird die Schwarzpulverladung in den Lauf geschüttet. Experten nehmen hierzu ein langes Rohr, damit kein Körnchen an der Laufwandung hängen bleibt. Das Schwarzpulver für jeden Schuss wird aus Sicherheitsgründen einzeln in Glasröhrchen verpackt, die Pulverflasche ist verboten.  
   

auflegen des gefetteten Pflasters und der Kugel...


"setzen" der Kugel...

der Ladestock macht der restlichen Weg...

das Zündhütchen auf dem Piston...FERTIG!

 

Jetzt wird das gefettete „Pflaster“ auf die Mündung  gelegt. Das Pflaster ist ein Stoff- oder Lederläppchen, welches den Drall der Züge auf die etwas kleinere Rundkugel überträgt und auch die Gasdichtung übernimmt. Das Fett des Pflasters hält die Verbrennungsrückstände geschmeidig. Nun noch die Rundkugel auf das Pflaster und mit einem leichten Schlag mit einem Kunststoff- oder Holzhammer einige Millimeter in die Laufmündung „gesetzt“. Über die restliche Lauflänge wird die eingepflasterte Kugel mit dem Ladestock bis auf die Pulverladung gedrückt. Unser Vorderlader ist jetzt fast fertig geladen. Es fehlt nur noch das Zündhütchen. Dieses wird aus Sicherheitsgründen erst aufgesetzt, wenn die Waffe in Richtung Scheibe auf dem Schießtisch liegt. Dieser Vorgang wiederholt sich für jeden einzelnen Schuss!
Noch ein paar warnende Worte zum Thema „Schwarzpulver“. Verwendet werden darf nur industriell hergestelltes Schwarzpulver mit speziellen Körnungen und definierten Abbrandgeschwindigkeiten. Die Verwendung anderer Pulver, aus irgendwelchen Feuerwerkskörperen oder ähnliches sind unverantwortlicher Leichtsinn, Laufsprengungen und schwere Verletzungen können die Folge sein!!!.  

 

Die Utensilien eines Revolverschützen...

das Pulver ist in die Bohrungen eingebracht...

jetzt kommt das Zwischenmittel (hier ein Filzpfropfen)...

die Kugel vor dem Einpressen mit der Ladepresse...

jetzt noch das Zündhütchen auf den Piston.

 
Etwas moderner funktioniert das Ganze beim Perkussions-Revolver. Von „vorne“ geladen wird hierbei die Revolvertrommel. Die Trommel hat normalerweise sechs Bohrungen, die hinten ebenfalls mit einem Piston fest verschlossen sind. Aus Sicherheitsgründen werden auch hier die Pulverladungen nicht aus einer Pulverflasche in die sechs Bohrungen gefüllt. Jede Ladung wird einzeln in Glasröhrchen verpackt. Auf die Pulverladung kommt jetzt noch ein Zwischenmittel. Viele Schützen verwenden hier Filzscheiben oder Weizen - Gries. Das Zwischenmittel verhindert einen Funkenüberschlag von einer Bohrung zu den Nachbarbohrungen. Auf ein Pflaster kann man hier verzichten, da die Kugel hinter den Lauf eingebracht wird und somit der Durchmesser passend zum Lauf gewählt werden kann. Die Kugeln werden einzeln auf die Trommelbohrungen gelegt und mit der am Revolver angebrachten Ladepresse in die Bohrung eingepresst. Jetzt noch etwas Fett auf die Kugel und die Zündhütchen auf die Pistons und der Revolver ist fertig geladen.
Geschossen werden die Pistole und der Revolver auf 25m Entfernung, auf die gleichen Scheiben wie bei der modernen Sportpistole. Die Präzision dieser Oldtimer steht den modernen Nachkömmlingen kaum nach.